Leistungsdiagnostik
meint eine Beurteilung des Istzustandes der sportlichen Leistung
im Rahmen der Wettkampfvorbereitung. Sie gibt Aufschluß
darüber, inwieweit die angestrebten (Teil-)Ergebnisse bislang
realisiert worden sind, bzw. zeigt Fehlentwicklungen an, die zum
Überdenken und zur Überarbeitung der Inhalte der
Trainingsplanung veranlassen.
Generell soll die
Ausdauerleistungsfähigkeit sportartspezifisch
überprüft werden. Aufgrund unterschiedlicher
Ausgangsbedingungen, z.B. Höhenlage, Temperatur,
Luftfeuchtigkeit, Materialbeschaffenheit der Laufbahn, wird die
Reproduzierbarkeit der Leistung in Frage gestellt. Aus diesem
Grund findet eine Überprüfung der
Ausdauerleistungsfähigkeit unter definierten Bedingungen in
Laborräumen statt. Dazu bedient sich die Leistungsdiagnostik
standadisierter ergometrischer Testverfahren. In der Regel werden
die ausgewählten Belastungsverfahren auf dem Laufband oder
mit Hilfe der Fahrrad- oder Ruderergometrie durchgeführt.
Bei der Laufband- und Ruderarbeit werden im Vergleich
zur Fahrradbelastung im allgemeinen höhere Werte für die
maximale Sauerstoff-Aufnahme ermittelt. Der Grund dafür
besteht darin, dass zum einen bei den ersten beiden Testverfahren
größere Muskelgruppen aktiv sind, zum anderen auf dem
Fahrradergometer die ermüdete Oberschenkelmuskulatur vor
Erreichen der maximalen Sauerstoff-Aufnahme häufig zum
Belastungsabbruch zwingt, also leistungslimitierend ist.
Da infolge des Einsatzes größerer Muskelgruppen bei
Laufbandbelastungen die höchsten Sauerstoffaufnahmewerte
gemessen werden - dies ermöglicht eine sportartspezifischere
Beurteilung der aeroben Kapazität - wird dieses Testverfahren
häufig favorisiert. Gleiches gilt für die Beurteilung
der maximalen anaeroben Energiebereitstellung - die maximale
Laktatkonzentration im Blut bei Sprintbelastungen - zur
Beurteilung der allgemeinen anaeroben dynamischen Ausdauer, dem
sogenannten Stehvermögen.
Zur Bestimmung der Ausdauerleistungsfähigkeit finden
in der Praxis verschiedene Schwellenmodelle Anwendung, die in
Auswahl erläutert werden.
Unterschieden
wird zwischen fixen Schwellenmodellen und den Modellen, die die
individuelle Laktatkinetik des einzelnen Athleten
berücksichtigen. Im Vergleich zu den fixen Schwellenmodellen,
die sich an einer definierten Laktatkonzentration orientieren, die
auf statistische Mittelwerte zurückgeht, ist die individuelle
Laktatkinetik aussagekräftiger, da sie die individuelle
metabolische Situation des Sportlers berücksichtigt:
Mader-Schwellenmodell
Das
Mader-Schwellenmodell fixiert die anaerobe Schwelle bei 4 mmol
Laktat/l, die auf der Grundlage von empirischen Werten abgeleitet
wird. Die Daten zeigen, dass eine gewählte Belastung im
statistischen Mittel über eine bestimmte Zeit aufrechterhalten
werden kann, bis eine weitere Belastungssteigerung zu höheren
Laktatwerten führt.
Dieses Schwellenmodell
bezieht sich auf eine definierte Laktatkonzentration,
berücksichtigt jedoch nicht die individuelle metabolische
Situation des einzelnen Athleten. Darüber hinaus ist in der Regel
für sehr gut ausdauertrainierte Sportler der fixe 4mmol/l-Wert zu
hoch angesetzt.
Freiburger-Schwellenmodell
Das
Freiburger-Schwellenmodell ermittelt die individuelle anaerobe
Schwelle indem zu dem ersten signifikanten Laktatanstieg, dem
Basislaktat, 2,0mm/l addiert werden.
Dickhut-Schwellenmodell
Das
Dickhut-Schwellenmodell ermittelt die aerobe Schwelle, indem zum
niedrigsten gemessenen Laktatwert (Basislaktat) ein fixer Wert von
0,5mmol/l addiert wird. Zur Bestimmung der anaeroben Schwelle wird
zum Basislaktat ein fixer Wert von 1,5mmol/l addiert.
Freies Freiburger-, Keul-
und Stegmann-Schwellenmodell
Die aufgeführten Schwellenmodelle werden in der Sportwissenschaft
kontrovers diskutiert, da sie für die Feststellung der anaeroben
Schwelle deutlich voneinander abweichende Werte liefern.
Im Leistungs- und Hochleistungssport finden das Freiburger-Modell
und das Dickhut-Modell Anwendung, Die mit diesen Modellen
ermittelten anaeroben Schwellenwerte führen in der Praxis im
Rahmen der Trainingssteuerung zu guten Resultaten. Im
Breitensportbereich wird häufig mit dem Mader-Modell gearbeitet.
Generell gilt, dass es zum Zweck der Trainingssteuerung und des
Leistungsvergleichs unbedingt notwendig ist, das ursprünglich
gewählte Verfahren in der Anwendung fortzuführen.
Grundsätzlich soll bei allen Belastungsverfahren ein EGK
parallel laufen, da aus der Aufzeichnung der rhythmischen
Herz-Aktionsströme Kriterien ablesbar sind, die einen Abbruch
der Belastung notwendig werden lassen können.
Auch wenn die im Labor gemessene Ausdauerleistungsfähigkeit
gut reproduzierbar ist, läßt sie keine exakten
Rückschlüsse auf die sportartspezifische Leistung unter
Trainings- und Wettkampfbedingungen zu. Jedoch kann eine im Test
festgestellte verbesserte Ausdauerleistung die Wirksamkeit eines
bestimmten Trainings bestätigen und läßt z.B. bei
konstant guter Technik und konstanten klimatischen Bedingungen
auch auf eine verbesserte Leistung in der jeweiligen
Ausdauersportart schließen. Mit Hilfe der Testverfahren ist
es auch möglich, einen Übertrainingszustand zu erkennen,
dem dann mit Gegenmaßnahmen begegnet werden kann.
Während Felduntersuchungen aufgrund ihrer größeren
Sportartspezifität besser geeignet sind Änderungen der
sportlichen Leistungsfähigkeit im Trainingsverlauf aufdecken
zu können, ergeben sich bei ihnen jedoch häufig
Schwierigkeiten im Rahmen von Standardisierung, Reproduzierbarkeit
und Durchführbarkeit. Allgemein eignen sich
Felduntersuchungen zur Kontrolle und Korrektur der aktuellen
Trainingsintensität für aerobe und anaerobe
Trainingsformen. Eine gute Absicherung des Ergebnisses
ermöglicht hier die Bestimmung der Laktatkonzentration im
Blut während einer Trainingsbelastung.